Seit knapp einem Jahr werden in Bad Wörishofen die besten Nachwuchsspieler Südschwabens geformt. Worauf die Trainer achten – und welche Opfer die Beteiligten bringen. (Max Kramer)
Die Tür zur alten Turnhalle in Bad Wörishofen ist nur leicht geöffnet, und doch schallt das Klackern der Plastikbälle dutzendfach durch die ganze Straße. Schnell wird einem bewusst: Hier wird Tischtennis nicht einfach der Gaudi wegen gespielt. Hier, im Stützpunkt Südschwaben, wird Tischtennis gearbeitet.
An diesem Mittwochabend sind neun Nachwuchs-Spieler nach Bad Wörishofen gekommen, um unter ihresgleichen zu trainieren. Sie sind im Jugendbereich das Beste, was der Sport in Südschwaben zu bieten hat. Trotzdem ist bei den Talenten zwischen zehn und 17 Jahren immer noch irgendwo Luft nach oben. „In ihren Vereinen lernen sie ja schon einiges. Wir sind hauptsächlich dafür da, um die Technik zu verbessern“, sagt Co-Trainer Daniel Neumann, der heute ausnahmsweise das Training leitet. Konkret sollen durch spezielle Übungen und wiederkehrende Abläufe einzelne Bereiche perfektioniert werden wie Auf- und Rückschlagspiel oder Topspin mit Vor- und Rückhand.
Mit dem Training kommen die Erfolge
Dass sich die Nachwuchsspieler im Stützpunkt auf höherem Niveau messen können als auf Vereinsebene, macht sie besser – wenn auch manchmal erst nach einiger Zeit. „Es braucht schon Zeit, bis Fortschritte sichtbar werden“, sagt Neumann. „Aber wenn man ein Jahr kontinuierlich dabei bleibt, kommen die Erfolge von alleine.“
Wer in den Stützpunkt kommt, entscheidet eine Sichtung, die mehrmals im Jahr stattfindet. Dabei schauen die Trainer genau hin. „Wir beobachten, wie sich die Kinder anstellen: Wie schnell können sie es umsetzen, wenn man ihnen zum Beispiel einen neuen Schlag zeigt? Wie gehen sie generell mit dem Ball um? Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.“ Voraussetzung für alle sei der Spaß am Tischtennis.
Für die Nachwuchsspieler ist der Stützpunkt mittlerweile zur Routine geworden. Dabei war es ein langer Kampf, das Förderprogramm überhaupt auf die Beine zu stellen. „Wir in Schwaben sind über Jahre vernachlässigt worden“, sagt Thomas Vögele. Der Jugendleiter der Tischtennis-Freunde Bad Wörishofen hat den Stützpunkt vor einem knappen Jahr mit Kollegen wieder ins Leben gerufen. „Wir hatten lange keine professionelle Unterstützung vom Verband, keine Trainer, keinen Stützpunkt. Jetzt haben wir es endlich wieder geschafft.“ Ein bezahlter Trainer des Bayerischen Tischtennis-Verbands (BTTV) leitet seitdem den Stützpunkt – ein Angebot, das Anklang findet.
Drei Talente haben „Heimrecht“ in Bad Wörishofen
Drei Talente stammen aus Bad Wörishofen, viele andere müssen weitere Strecken auf sich nehmen. So wie Lilly und Anna Schindele. Sie fahren jedes Mal knapp eine Stunde aus der Nähe von Kempten nach Bad Wörishofen. Noch länger dauert es nach Großaitingen, wo der Stützpunkt abwechselnd mit Bad Wörishofen stattfindet. „Es geht schon viel Zeit drauf“, sagt ihr Vater Marc. Er wechselt sich mit seiner Frau ab, um die beiden Töchter zum Stützpunkt zu fahren. Pro Einheit ist er so vier Stunden unterwegs. Dazu kommen Fahrtkosten und die Gebühren für den Stützpunkt (75 Euro pro Halbjahr pro Spieler).
Opfer, die er aber gerne bringt. „Sie kommen beide sehr gerne her, das Training ist gut und hat die beiden wirklich besser gemacht.“ Erst kürzlich gewann die zwölfjährige Lilly die südbayerische Meisterschaft, ihre Schwester Anna (10) wurde in ihrer Altersklasse Zweite. „In diesem Jahr ist wirklich viel passiert“, sagt ihr Vater. Dass es später einmal für eine professionelle Karriere reichen könnte, hält er jedoch eher für unwahrscheinlich. „Sie gehören in ihrem Alter sicher zu den zehn Besten in Bayern. Aber die vorderen drei, vier sind unerreichbar.“
Dass die Schwestern zu zweit zum Stützpunkt fahren, macht es beiden leichter. „Ich würde auch alleine hierher kommen, aber mit Anna ist es schon besser“, sagt Lilly. Sie fühlt sich in Bad Wörishofen in guten Händen: „Es macht Spaß, auch Mal mit anderen zu spielen.“ Trotzdem sei sie sehr ehrgeizig und wolle auch im Stützpunkt jedes Spiel gewinnen. „Bei Anna kommt es manchmal so rüber, als wäre es ihr egal.“ Ihre Schwester, die bei Sieg oder Niederlage tatsächlich kaum eine Miene verzieht, antwortet: „Ich weine halt nicht, wenn ich verliere.“ Doch das kommt bei den beiden Stützpunkt-Spielerinnen ohnehin nur selten vor.